
Prof. Dr. habil. Maximilian Schochow von der SRH University beleuchtet in einer neuen Studie die Rolle der Medizin im DDR-Repressionssystem.
Prof. Dr. habil. Maximilian Schochow von der SRH University beleuchtet in einer neuen Studie die Rolle der Medizin im DDR-Repressionssystem.
Tausende Frauen und Mädchen ab dem 12. Lebensjahr wurden in der DDR zwischen 1961 und 1989 unter dem Vorwand einer Geschlechtskrankheit in geschlossene Venerologische Stationen zwangseingewiesen – im Volksmund auch bekannt als „Tripperburgen“. Die repressiven Maßnahmen dienten offiziell der Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten – tatsächlich aber vor allem der gesellschaftlichen Disziplinierung. So wurden „unangepasste“ Mädchen und Frauen, die sich nach DDR-Maßstäben „sexuell auffällig“ verhielten oder von der Norm abwichen, ohne richterlichen Beschluss in die geschlossenen Stationen gebracht, wo sie medizinisch überwacht und teils systematisch misshandelt wurden.
Städtisches Klinikum Dresden im Fokus neuer Studie
Neben geschlossenen Venerologischen Stationen in Berlin, Erfurt, Leipzig oder Gera gab es auch eine in Dresden – diese war von 1961 bis 1976 im damaligen Bezirkskrankenhaus Dresden-Friedrichstadt untergebracht, heute Städtisches Klinikum Dresden, Standort Friedrichstadt. Um die Geschichte dieser Station aufzuarbeiten, analysierte Prof. Dr. habil. Maximilian Schochow, Professor für Medizinpädagogik an der SRH University, gemeinsam mit Prof. Dr. Florian Steger von der Universität Ulm rund 220 Patientinnen-Akten aus dem Jahr 1969 und ordnete sie medizin- und sozialhistorisch ein. Unterstützt wurden sie dabei vom Stadtarchiv Dresden.
„Die Medizin wurde in der DDR in Teilen als Instrument zur sozialen Kontrolle missbraucht“, sagt Prof. Dr. habil. Maximilian Schochow. „Solche historischen Missstände müssen aufgearbeitet werden – auch, um heutige Gesundheitssysteme sensibel für Machtverhältnisse und strukturelle Ausgrenzung zu machen.“
Die Ergebnisse der Studie wurden im Juni im Städtischen Klinikum Dresden präsentiert. Zu den Gästen zählten Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, unter ihnen auch die Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Dr. Nancy Aris, die ein Grußwort hielt.
Erste Publikationen zur Studie sind derzeit in Planung.
Wanderausstellung gibt ebenfalls Einblicke in Venerologische Stationen
Aktuell ist auch die Wanderausstellung „Einweisungsgrund Herumtreiberei – Disziplinierung in Venerologischen Stationen und Spezialheimen der DDR“ am Campus Gera der SRH University zu sehen. Neben vielfältigen zeithistorischen Fotos und Quellen werden auch Interviewausschnitte von Betroffenen und Expert:innen gezeigt, um die staatliche Repression gegen Mädchen und Frauen in der DDR zu dokumentieren.
Am SRH Campus Gera ist die Ausstellung noch bis zum 4. Juli 2025 zu Gast (Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr). Weitere Stationen sind für 2025 in Rostock, Berlin und Dresden geplant.
Vice Academic Director (Research & Transfer), Leiter des Departments Pädagogik, Akademische Studiengangsleitung im Bachelor- und Masterstudiengang der Medizinpädagogik am Campus Gera, Professor für Medizinpädagogik