
Eine multizentrische Studie unter Beteiligung der SRH University hat untersucht, wie Patient:innen ihre Beschwerden wahrnehmen und warum sie Notaufnahmen aufsuchen.
Eine multizentrische Studie unter Beteiligung der SRH University hat untersucht, wie Patient:innen ihre Beschwerden wahrnehmen und warum sie Notaufnahmen aufsuchen.

Laut Zi-Trendreport des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (2024) ist die Zahl der Patient:innen in Notaufnahmen seit Pandemieende kontinuierlich gestiegen, was zu einer enormen Herausforderung für unser Gesundheitssystem führt. Reformen streben daher u. a. die effektive Steuerung von Patient:innen in Notaufnahmen an. Hierfür ist es notwendig, die Beweggründe der Patient:innen, die sich dort vorstellen, zu kennen und zu verstehen.
Eine Studie unter Beteiligung von Prof. Dr. Peter Rupp, Professor für Physician Assistance an der SRH University, hat vor diesem Hintergrund die Motive für Notaufnahmekonsultationen in Bayern untersucht. Von September bis November 2024 wurden dazu 7.527 Patient:innen in 18 bayerischen Notaufnahmen mittels Fragebogen standardisiert befragt.
Zentrale Ergebnisse der Studie
Die Befragung ergab, dass die Hauptmotive für den Besuch der Notaufnahme die Stärke der Beschwerden (49,6 %) sowie gesundheitliche Ängste (23,9 %) waren. Gleichzeitig schätzten 88 Prozent der Befragten ihre Situation als mindestens „dringlich“ oder „Notfall“ ein, während 12 Prozent ihre Beschwerden als nicht bzw. weniger dringlich einschätzten.
Rund 40 Prozent der Patient:innen hatten vor ihrem Notaufnahmebesuch bereits versucht, eine Haus- oder Facharztpraxis telefonisch zu kontaktieren, was in 87,5 Prozent bei den Hausärzten und in 73,2 Prozent bei den Fachärzten erfolgreich war.
Bezüglich der Telefonnummer 116 117 zeigte sich: 61,8 Prozent der Befragten kannten diese, wobei die Bekanntheit signifikant variierte – etwa nach Alter, Bildungsniveau oder Migrationshintergrund. Unbekannt war hingegen vielen, dass über diese Nummer der ärztliche Bereitschaftsdienst zu erreichen ist (34,8 %) und dass Termine in Arztpraxen vermittelt werden können (76,8 %).
Darüber hinaus gaben 23,7 Prozent der Befragten an, grundsätzlich offen für eine digitale Selbsteinschätzung ihrer Beschwerden zu sein. Von diesen sagten fast 90 Prozent, dass sie einer Empfehlung folgen würden, wenn ihnen die Versorgung in einer Arztpraxis empfohlen und ein Termin angeboten werden würde.
Bedeutung der Befunde & Ausblick
„Viele Menschen suchen die Notaufnahme nicht aus Leichtsinn auf, sondern weil sie ihre Beschwerden als stark und bedrohlich empfinden – oft verbunden mit Ängsten um ihre Gesundheit“, so Prof. Dr. Peter Rupp. „Gleichzeitig liegt in der noch moderaten Bekanntheit der 116 117 und der Bereitschaft zum Einsatz digitaler Tools zur Ersteinschätzung ein enormes Steuerungspotenzial, um Patient:innen gezielter und effizienter zu lenken.“
Da viele Patient:innen die digitale Selbsteinschätzung bereits als attraktive Option ansehen, könnte eine stärkere Integration solcher digitalen Hilfsmittel in bestehende Versorgungssysteme die Notfallversorgung entlasten. Zugleich unterstreichen die Befunde die Bedeutung von besserer Öffentlichkeitsarbeit: mehr Menschen sollten über die 116 117 informiert werden, um gezielt auf ambulante Alternativen hingewiesen zu werden.
Originalpublikation:
Witt, K., Oslislo, S., Hagelskamp, J. et al. Patientenbefragung in bayerischen Notaufnahmen: Inanspruchnahme aufgrund hoher subjektiver Dringlichkeit bei moderater Bekanntheit der 116117. Notfall Rettungsmed (2025). https://doi.org/10.1007/s10049-025-01660-y